Auswahl und Ein­führung eines ERP-Systems

Vorgehens­weise bei mittel­ständischen Unter­nehmen

Viele kleine Unter­nehmen scheinen sich regel­recht davor zu drücken ein ERP-System ein­zu­führen, was zunächst verständ­lich erscheint. Die Ein­führung verschlingt große finanzielle und perso­nelle Ressourcen, zudem werden Ein­führungs­projekte im Nach­hinein nur in den wenigsten Fällen als erfolg­reich beur­teilt.

Dennoch stößt die Planung mit­hilfe von Tabellen­kalkulations­programmen irgend­wann an ihre Grenzen und es führt kein Weg mehr daran vorbei. Die Ent­scheidung für ein bestimmtes System ist nicht einfach. Hierfür sollte jedoch viel Zeit investiert werden, da ein späterer Wechsel auf ein anderes System sehr kompliziert und teuer ist – es sei an die geschei­terte Um­stellung auf SAP bei LIDL mit Kosten im drei­stelligen Millionen­bereich erinnert.

Alleine in Deutschland gibt es mehrere hundert ver­schiedene Anbieter von ERP-Systemen. Betrachtet man die Systeme nach Funktions­umfang, dann lassen sie sich grob in 3 Kategorien einteilen:

3 Arten von ERP-Systemen

Einfache Standard­systeme

Bevor im Echt­betrieb gearbeitet werden kann, werden hier nur wenige Mann­tage an externer Hilfe für die Ein­richtung benötigt, das Einführungs­projekte dauert nur ein paar Wochen bis Monate. Solche Systeme sind zwar vergleichs­weise einfach zu bedienen, stoßen jedoch bei kompli­zierten Aufgaben, ins­besondere in Fertigungs­betrieben, schnell an ihre Grenzen. In diesem Fall müssen Anpassungen zugekauft oder programmiert werden. Die Einführungs­kosten eines solchen ERP-Systems liegen in kleinen Unter­nehmen bei ca. 20.000 €. Promi­nentester Ver­treter dieser Gattung sind die Programme des Unter­nehmens Sage.

Systeme für kompli­zierte Fertigungs­betriebe

Programme dieser Kate­gorie bieten eine große Funktions­vielfalt, was sich ins­besondere bei der Fertigungs­steuerung positiv bemerk­bar macht. Durch den großen Funktions­umfang müssen seltener An­passungen programmiert werden. Aller­dings ist die Ein­richtung eines solchen Systems recht auf­wändig und die Ein­führung ist teurer, man kann von mindestens 100.000 € aus­gehen. Als prominentes Beispiel für ein solches Programm sei proALPHA genannt.

Systeme für Großkonzerne

Besonders bei Unter­nehmen mit vielen Stand­orten in unter­schiedlichen Ländern spielen diese Programme ihre Stärken aus. Im Vergleich zu den Systemen der beiden erst­genannten Gattungen ist sowohl die Einarbeitungs­zeit für die Benutzer als auch der Administrations­aufwand deutlich größer – als Belohnung winkt ein gewaltiger Funktions­umfang. In der Regel werden für die Ein­führung eines solchen Programms hohe Millionen­beträge aus­gegeben. Promi­nentestes Beispiel für ein solches Programm ist SAP.

Es empfiehlt sich, bei der Suche nach einem ERP-System nicht die gleichen Maß­stäbe anzulegen wie bei Programmen, die im Privat­gebrauch verwendet werden. Die Benutzer­oberflächen vieler ERP-Systeme erinnern an die 90er-Jahre, die Qualität der Benutzer­führung entspricht nur selten dem heutzutage üblichen Niveau.

Die Auswahl eines Systems kann sowohl mit­hilfe externer Anbieter als auch in Eigen­initiative durch­geführt werden. Eine mögliche Vorgehens­weise ist im Folgenden beschrieben.

Schritt 1: Anforderungen defi­nieren

Zunächst sollten die Anforderungen an das einzu­führende System geklärt werden und beispiels­weise ein Lasten­heft erstellt werden. Als eine einfach umzu­setzende Lösung bietet sich an, eine Liste mit priori­sierten Funktio­nali­täten anzu­legen. Die Ein­bindung von erfahrenen Mit­arbeitern ist dringend zu empfehlen.

Schritt 2: Kandidaten identi­fizieren

Da nur die wenigsten Unter­nehmen die Ressourcen haben, alle am Markt befindl­ichen ERP-Systeme näher zu begut­achten, sollte zunächst eine Vor­aus­wahl erfolgen. Hierzu bieten sich folgende Möglich­keiten an:

  • Empfehlungen von eigenen Mit­arbeitern
  • Empfehlungen von ähnlich struktu­rierten anderen Unter­nehmen
  • Kauf von Test­berichten (es gibt Anbieter, die auf ERP-Systeme speziali­siert sind)
  • Inanspruch­nahme eines Dienst­leisters, der Hilfe­stellung bei der Auswahl leistet
  • Internet­recherche

Schritt 3: Vorauswahl treffen

Alle interessanten Kandi­daten können nun kontaktiert werden. Das Laste­nheft sollte von jedem Anbieter dahin­gehend beurteilt werden, welche Funktio­nen im Programm ent­halten sind und welche nicht. In diesem Zuge sollten auch schon Preise ange­fragt werden.

Wichtig: Viele Anbieter bieten verschiedene Varianten eines ERP-Systems an (z.B. eine abge­speckte Version und eine Voll­version bzw. es gibt einen modularen Aufbau) – daher muss klar sein muss, auf welcher Variante die Aus­sagen basieren bzw. welche Zusatz­module notwendig sind, um die Funktio­nalitäten zu erreichen.

Die viel­versprechendsten Kandi­daten können im Anschluss näher begut­achtet werden.

Schritt 4: Auswahl ein­engen

Mithilfe eines Bildschirmü­bertragungs­programms kann der Anbieter sein jeweiliges Programm vorführen, zudem kann auf die Spezialf­anforderungen des eigenen Unter­nehmens ein­geg­angen werden. Viele An­bieter bieten zudem die Möglich­keit an, auf eigens dafür ein­gerichteten Servern die Programme selbst zu testen. Nach dieser Aus­wahl­runde sollten 3 bis 4 Anbieter übrig­bleiben.

Schritt 5: End­aus­wahl treffen

Die verbliebenen Anbieter können nun zu einem mindestens ein­tägigen Termin ins eigene Unter­nehmen ein­ge­laden werden. Jeder Unternehmens­bereich (Einkauf, Vertrieb, Ent­wicklung, Buch­haltung usw.) sollte durch eine Person ver­treten werden. Eine mögliche Vorgehens­weise wäre beispiels­weise die Unter­teilung des Termins in 2 Teile:

  • Im ersten Teil soll das Programm erklärt und auf bestimmte Spezial­anforderungen ein­ge­gangen werden. Auch hier muss wieder klar sein, in welcher Variante das Programm gezeigt wird. Ein Bewertungs­bogen für alle Teil­nehmer, unter­teilt nach verschiedenen Kate­gorien, ist ratsam.
  • Im zweiten Teil sollen die Teil­nehmer das Programm selbst bedienen und bestimmte Prozesse simu­lieren. Auch hier kann ein Bewertungs­bogen hilf­reich sein.

Danach sollte sich ein Gewinner heraus­kristallisiert haben.

Schritt 6: Einführungprojekt starten

Ist der zeit­raubende Auswahl­prozess beendet, beginnt die eigentliche Arbeit: Das Einführungs­projekt.

Noch ein kleiner Tipp für das Einführungs­projekt: Die Anbieter der ERP-Systeme verdienen durch die Programmier­aufträge für Anpassungen Geld. Jede Anpassung muss aber zukünftig nach­verfolgt werden - beispielsweise kommt es manchmal vor, dass An­passungen nach Updates nicht mehr funktionieren. Man sollte sich daher nicht allzu leicht­fertig dazu überreden lassen Anpassungen vor­zu­nehmen.

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